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WACHSTUM UND WIRTSCHAFTSKRAFT DURCH FRAUEN

IPD fördert wirtschaftliche Teilhabe von Frauen

Oft unterschätzt nehmen Frauen in Entwicklungs- und Schwellenländern eine zentrale Rolle bei der Versorgung und Einkommenssicherung ihrer Familien ein. Sie arbeiten in der Landwirtschaft, in der Weiterverarbeitung und im Verkauf. Dennoch sind es meist Frauen, die kaum Zugang zu Bildung, Landbesitz und Krediten haben. Das wirtschaftliche Potenzial der Frauen bleibt ungenutzt.

Eine gleichberechtigte Teilhabe am wirtschaftlichen Leben würde nicht nur die Frauen in ihren Rechten stärken, sondern auch das Wirtschaftswachstum in den Ländern fördern und damit allen Menschen zugute kommen. 

Das IPD unterstützt viele kleine und mittelständische Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern, die von Frauen gegründet wurden und von ihnen erfolgreich geführt werden. Die Entrepeneurinnen im IPD-Programm nutzen ihre Position, um Frauen und anderen marginalisierten Gruppen den Zugang zu formeller Beschäftigung zu ermöglichen, sie aus- und weiterzubilden und so die Voraussetzungen für eine gleichberechtigte wirtschaftliche und soziale Teilhabe der Frauen zu schaffen.

Das IPD vernetzt die von Frauen geführten Unternehmen mit europäischen Einkäufer:innen, damit sie ihren Absatz erhöhen und ihren Exportumsatz langfristig steigern können. Dies ermöglicht es den Unternehmerinnen, neue Arbeitsplätze zu schaffen, Investitionskapital für den Ausbau ihres Unternehmens zu generieren sowie soziale und ökologische Projekte in ihren lokalen Communities zu unterstützen.

Lesen Sie hier Geschichten von den IPD Entrepreneurinnen, die zeigen, welche Chancen in der wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen liegen.

Empowerment durch Qualifizierung

 

Auf der Farm "Fina Flora" in Kenia wachsen Hypericum-Pflanzen in vielen Farben. Ihr typisches Kennzeichen: kleine Beeren. Als Schnittblume ist Hypericum sehr gefragt. 

Über 130 Mitarbeiter arbeiten auf der Blumenfarm im westlichen Hochland des kenianischen Great Rift Valley. 70 Prozent der Mitarbeiter:innen bei "Fina Flora" sind Frauen. Auch die meisten Führungspositionen – die Teamleiterfunktionen – sind von Frauen besetzt. Sie organisieren sich in ihrer täglichen Arbeit selbstbestimmt und demokratisch in kleinen Einheiten.

Winnie Mwaniki ist Geschäftsführerin von "Fina Flora" und viel auf ihrer Farm unterwegs, denn die enge Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeiter:innen ist für sie von zentraler Bedeutung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Fortbildung der Teamleiterinnen. Winnie schult sie in den Themenfeldern Management und Agrarwissenschaft.

Im Gespräch mit Winnie Muasya, Geschäftsführerin von Fina Flora

Sie legen einen besonderen Fokus auf die Weiterentwicklung Ihres Teams insbesondere der Teamleiterinnen? Was motiviert sie?

Winnie Muasya: Die positive Entwicklung unseres Teams ist eine riesige Motivation. Es ist großartig, wenn ich sehe, wie Mitarbeiter:innen in einem Unternehmen wachsen, insbesondere die Frauen.Trotz der sozialen und wirtschaftlichen Barrieren übernehmen sie Verantwortung und entwickeln sich und das Unternehmen weiter.

Welche Schwerpunkte legen Sie bei Ihrem Mentoring?

Winnie Muasya: Der europäische Blumenmarkt hat hohe Anforderungen und nur gemeinsam im Team können wir ihnen gerecht werden. Wir versuchen daher dem gesamten Team die Liebe zum Detail zu vermitteln, aber auch den Spaß in einem dynamischen Umfeld zu arbeiten. Als mittelständisches Unternehmen haben wir den großen Vorteil, dass wir sehr flexibel und anpassungsfähig sind und daher die Anforderungen des dynamischen europäischen Marktes besser erfüllen können. 

Zudem spielen bei uns die Teamleiter:innen eine zentrale Rolle, daher ist uns ihre berufliche Weiterentwicklung sehr wichtig. Hier geht es uns darum, bei ihnen ein Verantwortungsgefühl für das Unternehmen und einen positiven Wettbewerbsgedanken zu erzeugen. Und langfristig geht es uns natürlich darum, die nächste Generation anzuleiten, um „Fina Flora“ als Familienunternehmen in eine gute Zukunft zu führen.

Was sind aus Ihrer Sicht Stärken und Herausforderungen von Frauen in der Teamleitung?

Winnie Muasya: Frauen sind in der Regel gute Managerinnen und auch Arbeiterinnen in der Blumenzucht, weil sie auf Details achten – das ist entscheidend in der Schnittblumenproduktion. Sie haben oftmals ein größeres Einfühlungsvermögen und haben einen Blick für die täglichen Probleme der Beschäftigten, denn unsere Arbeit auf der Blumenfarm ist sehr arbeitsintensiv und anstrengend. Das kommt der Motivation innerhalb des Teams zugute.

Zudem sind weibliche Arbeitskräfte – im lokalen kulturellen Kontext gesehen – zuverlässiger, weil sie ihre Arbeit und ihr selbst verdientes Einkommen ernster nehmen. Aber Frauen tragen die doppelte Verantwortung – für ihren Beruf und für ihre Familie. Es sind die Frauen, die sich um ihre Familienangehörigen kümmern und die dadurch am Arbeitsplatz nicht immer verfügbar sind.

Zugleich habe ich die Erfahrung gemacht, dass Frauen oftmals konservativer sind und Risiken scheuen. Daran arbeiten wir: Verantwortung und Erfolg im Job schaffen Selbstbewusstsein und unterstützen beim Empowerment der Frauen. 

www.finaflora.com

Handwerk: Ernährerin der Familie

 

"Savour Route" ist ein Unternehmen aus Sri Lanka, das sich auf die Produktion von hochwertigem Ceylon-Zimt spezialisiert hat.

Senuri Gamage, die Gründerin von "Savour Route", ist sich sicher, dass sie und ihr Team mit dem feinen und aromatischen Ceylon-Zimt ein besonderes Produkt auf den internationalen Markt bringen. Denn wenige wissen, dass die Herstellung von Ceylon-Zimt in Sri Lanka einzigartig ist und diese Kombination aus Kunst und Können von Generation zu Generation weitergegeben wird. Es werden viel Erfahrung und handwerkliche Fähigkeiten benötigt. Die Ceylon-Zimtstangen bestehen aus mehreren, ganz fein geschnittenen, ineinandergeschobenen Innenrinden des Zimtbaumes.

Erwerbsmöglichkeiten schaffen

Das Team von "Savour Route" – 90 Prozent davon Frauen – sind Expertinnen bei der Bearbeitung der Baumstämme und des feinen Abhobelns der Innenrinde. Viele der Mitarbeiterinnen arbeiten bereits seit vielen Jahren in der Zimtindustrie und haben ihre Technik mit den Jahren verfeinert.

Als Spezialistinnen für die Ceylon-Zimtherstellung werden sie sehr gut bezahlt. Die meisten, so Gamage, seien die Ernährerinnen ihrer Familienund würden auch für die Ausbildung ihrer Kinder aufkommen. Andere finden bei "Savour Route" einen Arbeitsplatz, um das Handwerk zu erlernen und sich weiter zu qualifizieren.

Für die Gründerin Gamage war es wichtig, Arbeitsmöglichkeiten für Frauen zu schaffen und sie damit auch finanziell unabhängiger zu machen.

»Mit unserer Arbeit wollen wir die von Frauen geführten Unternehmen fördern. Bei den Firmen im IPD-Programm schauen wir genau hin, ob gute und familienfreundliche Arbeitsbedingungen herrschen sowie Aus- und Weiterbildung von Frauen gefördert wird.«

Dr. Julia Bellinghausen
Leiterin
Import Promotion Desk 

Gegen Landflucht: Regionale Vernetzung

Marginalisierte Gruppen stärken

"EFFO Service Ivoire" ist ein Familienunternehmen in Côte d'Ivoire, das Cashew-Öl produziert. Es arbeitet eng mit kleinen Plantagen und dörflichen Genossenschaften zusammen, die vor Ort die Cashewnüsse verarbeiten. Die enge Vernetzung mit den regionalen Strukturen ist Programm von "EFFO",

„Mit unserem regionalen Engagement wollen wir das Problem der Landflucht an der Basis angehen. Wir bieten Frauen und behinderten Menschen eine Einkommensmöglichkeit, um ihre Autonomie zu stärken und ihre Integration in die kommunale Wirtschaftsstruktur zu ermöglichen“, sagt Anne Cécile Konan, Geschäftsführerin von "EFFO".

Dabei legt "EFFO" einen besonderen Fokus auf die Förderung von Mädchen und Frauen aus der Region. Zum festen Team gehören Frauen undMenschen mit Behinderung. Zudem vermarkten 30 Frauen mit Behinderung die Produkte von „EFFO“ auf den lokalen Märkten in den Städten von Toumodi, Yamoussoukro und Abidjan. 

»Was mir an der Arbeit als Unternehmerin gefällt, ist die enge Zusammenarbeit und die Entwicklung der Mitarbeiter:innen. Wir schulen sie und vermitteln Werte wie Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und die Bereitschaft zur Selbstständigkeit. Und wir zeigen Alternativen zum einfachen Ausweg und zum Betteln auf.«

Anne Cécile Konan
Geschäftsführerin "EFFO Service Ivoire"
www.effoservice-ci.com

Frauen als bedeutende Player in der Landwirtschaft

 

Das IPD-Unternehmen "Fresh Approach" aus Kenia konzentriert sich ganz bewusst auf die Zusammenarbeit mit Frauen. 60 Prozent der Landwirt:innen, die für das Unternehmen anbauen, sind Frauen. "Fresh Approach" bietet grüne Bohnen, Zuckerschoten sowie Passionsfrüchte an. Das Unternehmen hat die volle Kontrolle über die Wertschöpfungskette vom Saatgut bis zum Endprodukt und garantiert seinen Partner:innen eine hohe Qualität.

Bei der Gründung ihres Unternehmens hat sich Catherine Muya ihre Großmutter – als role model – zum Vorbild  genommen: „Sie war eine unglaubliche Frau, eine Seriengründerin, eine Risikoträgerin, eine begeisterte Landwirtin und eine große Verfechterin von Frauen Empowerment, lange bevor dies populär wurde. Aus Tansania kam sie nach Kenia, lernte die Landessprache und kaufte 20 Hektar Land, um mit dem Anbau von Mangos, Orangen, Passionsfrüchten und lokalem Gemüse zu beginnen. Als ich sie beobachtete, wie sie ihr Land bearbeitete und Produkte für den lokalen Markt und ihre Familie anbaute, inspirierte sie mich dazu, selbst in die Landwirtschaft einzusteigen.“

Lebensgrundlagen verbessern

Catherine Muya ist überzeugt, dass Frauen auch die Zukunft der Landwirtschaft mitgestalten werden: „Nach meiner Erfahrung sind Frauen offen für Veränderungen und neue Techniken. Und sie sind bereit, sich neue Fähigkeiten anzueignen, da sie die Auswirkungen des Klimawandels auf die Erträge aus erster Hand erfahren. Zudem können wir beobachten, dass sich die Lebensgrundlage der Kleinbauernfamilien, mit denen wir zusammenarbeiten, verbessert hat. Die Frauen nutzen sogenannte „Table banking groups“, die es ihnen ermöglichen, Betriebsmittel zu kaufen, Schulgebühren zu bezahlen und ein wenig für zukünftige Projekte zu sparen."

»In Kenia liegt die Zukunft der Landwirtschaft bei den Frauen und der Jugend. Frauen erzeugen 70 Prozent der Nahrungsmittel in Afrika, und die meisten von ihnen sind Kleinbauernfamilien mit zwei bis drei Hektar Land.«

Catherine Muya
Gründerin von "Fresh Approach"
www.freshapproachltd.com

Stärkung der ökologischen Nachhaltigkeit

 

In dem Unternehmensnamen „Tchakka Origins“ steckt bereits das, was das Unternehmen aus Äthiopien ausmacht. „Tchakka“ heißt übersetzt Wald. Das von Feven Tsehaye gegründete Unternehmen nutzt die speziellen Ressourcen aus Äthiopien und findet neue Verwendungsmöglichkeiten für einheimische Pflanzen.

„Tchakka Origins“ arbeitet hauptsächlich mit Kleinbäuerinnen zusammen. Sie bauen Kräuter, Gewürze, Blumen und Ölsaaten an, die „Tchakka Origins“ zu natürlichen Zutaten für die Lebensmittel- und Kosmetikindustrie verarbeitet.

 

Transparenz in der Lieferkette

Die Anbaugebiete liegen in den von der UNESCO anerkannten Biosphärenreservaten Äthiopiens. Daher verfolgt das Unternehmen gemeinsam mit den Kleinbäuerinnen einen naturschutzorientierten Ansatz. Dank eines Rückverfolgbarkeitssystem wird die Qualität der Ware gewährleistet und die Lieferkette transparent gemacht.

»Ich bin davon überzeugt, dass ein ökologisch verantwortungsbewusstes Unternehmen die Zukunft ist. Wir sind stolz darauf, dass wir in den Regionen, in denen wir arbeiten, nachhaltige Lieferketten mit regenerativen Agroforstpraktiken etabliert haben, die eine ethische Beschaffung gewährleisten. Und wir hoffen, dass dieser Ansatz auch andere dazu inspirieren wird, ihre Produkte entsprechend zu gestalten.«

Feven Tsehaye
Gründerin und CEO "Tchakka Origins"
www.tchakkaorigins.com

Im Kampf gegen Menschenhandel

 

Recht auf Selbstbestimmung festigen

Seit 2019 arbeitet das IPD mit dem Tourismusunternehmen "Sasane Sisterhood Trekking & Travels" aus Nepal zusammen.

"Sasane Sisterhood" bildet benachteiligte Frauen, insbesondere Frauen, die Opfer von Gewalt und Menschenhandel geworden sind, zu Touristenführerinnen und im Gastgewerbe aus. In den Trainings eignen sich Frauen die Fertigkeiten eines Trekking-Guides an und lernen die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung mit den Anforderungen der Reisenden in Einklang zu bringen. Die Ausbildung trägt zur sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Emanzipation der Frauen bei.

Das Angebot von "Sasane Sisterhood" umfasst Touren durch Kathmandu, in das Umland mit Blick auf den Himalaya und in das Annapurna-Gebirge.  

"Sasane Sisterhood" arbeitet darüber hinaus eng mit ländlichen Gemeinden zusammen, um das Tourismusangebot auszubauen. Ziel ist es, nachhaltige Unternehmen zu gründen sowie Einkommensquellen zu erschließen.

Auf der ITB 2023 wurde das Unternehmen für seine Arbeit mit dem diesjährigen „To Do Award Human Rights in Tourism“ des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung e.V. ausgezeichnet.

»Wir unterstützen die Frauen dabei, finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen und sich vor erneutem Menschenhandel zu schützen. Zugleich geben wir ihnen die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen.«

Jeny Pokharel
Gründerin „Sasane Sisterhood Trekking & Travels“
www.sasanesisterhoodtrek.com

Feministische Entwicklungspolitik – Beitrag des IPD

Tabea Mack, IPD Teamleiterin Sourcing + Märkte in Bonn

Tabea Mack vom IPD stellt im Interview Maßnahmen zur Frauenförderung vor und skizziert die Pläne des IPD, die gleichberechtigte Teilhabe am wirtschaftlichen Leben zu stärken.

Lesen Sie das gesamte Interview.

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